Mit donnerndem Beifall wird Kurt Beck beim Eintritt ins Festzelt empfangen. Ihm folgt Landrat Bernd Hering (hinten rechts).
Der ehemalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz spricht während des 21. Vogtlandfestes.
Er sagt nichts zu einer möglichen großen Koalition, untermauert aber die Position der SPD.
Frankenpost Selb-Rehau erschienen am 05.10.2013
Bilder und Text von Ronald Dietel
Posseck/Regnitzlosau - Keine große Koalition wünschen sich viele Sozialdemokraten an der Basis. Das ist beim 21. Vogtlandfest der SPD im Festzelt an der Hagerscheune deutlich zur Sprache gekommen. 500 Gäste füllten das Festzelt in der Hagerscheune bis auf den letzten Platz. Eingeladen hatten zum 21. Vogtlandfest die SPD-Unterbezirke Plauen und Hof-Wunsiedel. Gastgeber waren die Ortsvereine Dreiländereck und Regnitzlosau/Gattendorf.
Aufgegriffen hatte das Thema der stellvertretende Landrat Alexander Eberl aus Schwarzenbach an der Saale. Sein Blick galt dem Bundestagswahlergebnis in den neuen Bundesländern. Hier liege die Partei Die Linke seit langem konstant bei 20 Prozent der Wähler. "Wir müssen uns kritisch fragen, wie lange man eine Regierungsbeteiligung der Linken noch ausschließen kann", sagte er. Die Mehrheit der zur Bundestagswahl angetretenen Parteien, er meinte die SPD, die Grünen und die Linke, sei nicht angetreten, um eine Fortsetzung der Regierung Merkel zu ermöglichen. "Wichtig ist, dass das Land Arbeit hat, noch wichtiger aber sind die Kinder", sagte Eberl. Kinder seien die Träger der Zukunft.
Im kommenden Jahr feiere die Deutsche Einheit ihren 25. Geburtstag. "Die Kinder werden dann ihre Eltern nicht mehr fragen, wie war das damals. Die erste Generation ohne Grenze sei mittlerweile erwachsen. "Es ist heute selbstverständlich in Dresden zu studieren, zum Konzert nach Leipzig zu fahren oder an der Ostsee Urlaub zu machen", sagte Eberl. Es bestehe die Gefahr, dass die großartige Leistung der Bürger, die den Fall der Mauer zur Folge hatte, vergessen werde. Deshalb sei es wichtig, das Vogtlandfest zu feiern, denn es würdige das bedeutsamste Ereignis der jüngsten Geschichte.
Dem frischgebackenen Landtagsabgeordneten Klaus Adelt oblag es zuvor, die Veranstaltung zu eröffnen. Dieser sicherte den Anwesenden zu, wie gewohnt auch weiterhin kein Blatt vor dem Mund zu nehmen. Zudem werde er die Entscheidungen im Parlament hier in Hochfranken transparent machen.
Danach erhielt Thomas Jurk, sächsischer Ex-Wirtschaftsminister und Mitglied des SPD-Landesvorstandes, das Wort. Mit Blick auf die deutsche Einheit bedauerte er, dass es immer noch ein Gefälle zwischen Ost und West gibt. "Der Stand der Deutschen Einheit weist immer noch Unterschiede bei Rente und Löhnen in den alten und den neuen Bundesländern auf." Mit Blick auf die laufende Regierungsbildung in Berlin gelte es nun, vor allem die anstehenden Probleme im Interesse der Menschen zu lösen.
Den Menschen in den Mittelpunkt stellte auch Festredner Kurt Beck, ehemaliger SPD-Bundesvorsitzender und Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz. Einer konkreten Positionierung seiner Partei zu den laufenden Sondierungsgespräche mit der CDU/CSU wich er aus. Dagegen forderte er eine solidarische Gesellschaft ohne "materielle Verwertbarkeit des Menschen". Beck sagte: "Das sind wir den Menschen schuldig, die 1989 mit ihrem mutigen Protest dafür sorgten, dass die Mauer fiel." Man müsse von der Arbeit leben können. "Beschäftigte dürfen in nicht so rentablen Bereichen nicht mit Mini-Löhnen abgespeist werden." Und: "Gerechter Lohn ist der Ausdruck des Respekts gegenüber Arbeit, Einsatz und Aufwand des Beschäftigten." Man müsse unten eine Decke einziehen, wo es anders nicht mehr geht. Außerdem gehörten Werksverträge abgeschafft, die zunehmend das Instrument der Leiharbeit ersetzt.
Beck verlangte auch nach mehr Steuergerechtigkeit. "Beschäftigte und Handwerker zahlen Steuern bei Überstunden, während Spekulanten keinen einzigen Cent abführen." Auch letztere sollten einen Beitrag zur Gesellschaft leisten. Seine Forderungen lautete, die Transaktionssteuer einzuführen, ebenso wie eine gemeinsame Finanzkontrolle der Banken in Europa. "Die Menschen müssen wieder im Mittelpunkt stehen und nicht der Markt." Die Demokratie dürfe nicht marktfähig gemacht werden, wie es Kanzlerin Angela Merkel noch im Frühjahr forderte.
Für seine halbstündige Rede erntete der prominente Sozialdemokrat großen Applaus. Es folgt der Eintrag ins Goldene Buch des Landkreises Hof, das Landrat Bernd Hering aufschlug.
Außerdem musste Kurt Beck noch Autogrammwünsche erfüllen.
Kurt Beck über eine Äußerung Merkels
Alexander Eberl zur aktuellen Lage